 Kostenmanagement
Egal wie schön, interessant oder zukunftsweisend ein Projekt ist, der wirtschaftliche Standpunkt darf bei der Spezifikation und den Möglichkeiten der späteren Durchführung nicht mißachtet werden.
Innerhalb des Rahmens des Projektmanagement beschäftigt sich daher das Kostenmanagement mit den verschiedenen nötigen Prozessen, um in der Laufzeit des Projektes sicherzustellen, daß dieses innerhalb eines
geplanten Budgets fertiggestellt wird. Dabei kann es auch von großer Wichtigkeit sein, daß die real existierende Kosten für ein Projekt als auch die Vorteile aus diesem heraus entweder
greifbar (klar, sichtbar)
ungreifbar (unklar, nicht sichtbar, z.B. Aneignung von Know-how, Kontaktaufbau zu einem neuen Kunden)
direkt
indirekt (z.B. als Basis für ein nächstes oder übergeordnetes Projekt)
sein können und dem entsprechend eine Berücksichtigung finden müssen. Im Wesentlichen wird auf die Beeinflussung der Kosten abgezielt und umfaßt dabei alle Methoden und Verfahren, die eine
Einflußnahme auf die Kosten ermöglichen und unterstützen. In der Regel steht dabei - nach einem möglichst exakten Soll-Ist-Kostenvergleich - die Reduzierung von Kosten im Vordergrund. Gerade die
Globalisierung und der daraus resultierende Wettbewerbsdruck machen das Thema Kostenkontrolle und Kostensenkung zu einer zentralen Aufgabe: Niedrige Kosten werden zu einem entscheidenden
Erfolgsfaktor, der nur mit außerordentlichen Anstrengungen erhalten werden kann und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens sichert. Diese Anstrengungen spiegeln sich in einer intensiven
Anwendung der Prinzipien des Kostenmanagement wieder.
Kostenmanagement und Kostenrechnung Gegenüber dem Kostenmanagement werden bei der Kostenrechnung die Ermittlung und Zurechnung
von Kosten auf vorhandene Bezugsobjekte wie z.B. Kostenstellen, Kostenträger oder Projekte ins Auge gefaßt. Hier werden große Mengen an Daten aus den verschiedensten Quellen gesammelt,
verarbeitet und auf Vollständigkeit überprüft. Kostenrechnung und Kostenmanagement müssen ineinander übergreifen, denn Kostenmanagement kann nur dann erfolgreich durchgeführt werden, wenn
Kostenmanagement kann auch dann nur wirkungsvoll sein, wenn dieses prospektiv (d.h. in die Zukunft blickend) erfolgt und nicht reaktiv. Denn was nutzt es, wenn z.B. schon eine Krisensituation eingetreten
ist und für Entscheidungsfindungen oder gar Handlungen gar keine Zeit mehr vorhanden ist. Ein reaktives Verhalten kann so nicht effizient vor finanziellen Verlusten schützen.
Weiterhin ist für die Kostenstruktur von komplexen Projekten zu beachten, daß die Kosten für eine Änderung - sei es in der Spezifikation oder zur Beseitigung eines Fehlers - um so mehr zunehmen
können, je näher man sich auf das Projektende zubewegt. Hier das Beispiel einer Softwareentwicklung. Dieses beschreibt die ungefähr möglichen (relativen) Kosten für den Fall, daß in einer bestimmten
Projektphase ein Fehler erkannt wird und ausgebessert werden muß:
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1 (Bezugsgröße) 1 bis 10 fache Kosten 1 bis 100-fache Kosten 1 bis 1000-fache Kosten 1 bis 1000-fache Kosten oder mehr
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Daher ist es extrem wichtig schon zu Beginn eines Projektes die entsprechenden Ressourcen (=Kosten) in die Planungsphasen (Spezifikation, Absprachen) zu spendieren, um im späteren Verlauf extrem teuere
Projektänderungen und -anpassungen zu vermeiden.
Ebenen und Aspekte des Kostenmanagement Von oben gesehen kann Kostenmanagement zunächst einmal allgemein auf operativer und auf
strategischer Ebene durchgeführt werden. Als operatives Kostenmanagement werden alle Beeinflussungsmaßnahmen bezeichnet, die auf eine Kostengestaltung bzw. -reduzierung bei gegebenen
fixen Unternehmensstrukturen und Kapazitäten abzielen. Dagegen bezieht sich das strategische Kostenmanagement auf die Gestaltung der Kostenstrukturen und die Anpassung des Kostenvolumens
durch eine Veränderung und/oder eine andere Zuordnung der vorhandenen Kapazitäten. In beiden Bereichen gibt es eine Anzahl von Aspekten, die berücksichtigt werden müssen. Folgend die
verschiedenen Aspekte des Kostenmanagements im Überblick:
Ressourcenplanung Welche Ressourcen stehen in welchen Mengen zu Verfügung und wie sollen diese Ressourcen eingesetzt werden
Kostenabschätzung Abschätzung der Kosten für die eingesetzten Ressourcen bis zum Ende des Projektes
Kostenplanung Zuordnung des Projektbudgets zu den einzelnen Arbeitsschritten des Projektes
Kostenkontrolle Überprüfung, inwieweit die einzelnen Arbeitsschritte ihr Budget (Einsatzzeit und Menge der
Ressourcen) einhalten oder wie sich der Einflusses von Projektänderungen auf das Projektbudget auswirkt
Ressourcenplanung
Grundsätzlich bestimmt die Natur des Projektes die Planung der Ressourcen, was bereits einige allgemeine Fragestellungen leicht aufzeigen:
Wie schwer, kompliziert oder langwierig sind die einzelnen Aufgaben des Projektes?
Gibt es etwas Einzigartiges im Projektumfeld, das bei diesem Projekt zum ersten mal realisiert wird?
Gibt oder gab es bereits Projekte, aus denen sich bereits Ergebnisse oder Hilfestellungen ableiten können?
Kann die jetzige Organisation die nötigen Arbeiten durchführen?
Hat sie das dazu nötige Know-how oder ist sie in der Lage entsprechende Ressourcen (Leute, Ausrüstung und/oder Material) zu beschaffen?
Daher muß die Planung über die Vergabe der Ressourcen auf die entsprechenden Projektarbeiten für jedes Projekt neu durchgeführt werden: Dieses betrifft sowohl die Arbeitskraft der Mitarbeiter
(Manpower) und des vorhandenen Materials, als auch die finanziell vorhandenen Möglichkeiten des Projektbudgets. Weitere Randbedingungen geben u.a. andere Projekte vor, die die vorhandenen
Ressourcen oder finanziellen Mittel blockieren können oder politische Entscheidungen der Firma (z.B. Standpunkt gegenüber Outsourcing).
Kostenabschätzung Die Abschätzung der Kosten vor dem eigentlichen Projektbeginn ist eine extrem wichtige Aufgabe um
die Rentabilität eines Projektes zu bestimmen und finanzielle Mittel von Sponsoren bereitgestellt zu bekommen. Dabei muß in einem frühen Stadium neben den statischen Kostenparametern unbedingt
beschrieben werden, wie sich finanzielle Varianzen auf das Projekt auswirken können und wie diese gemanagt werden können. Aber auch nach dem Projektbeginn, wenn mehr Details über den Ablauf
eines Projektes feststehen und dementsprechend berücksichtigt werden können, sollten neue und bessere Kostenabschätzungen durchgeführt werden, um schon frühzeitig bei Abweichungen reagieren zu
können. Diese nachträgliche Kontrolle ist insbesondere deshalb nötig, da es häufig eine Tendenz zu beachtenswerten Unterschätzungen der entstehenden Kosten gibt. Hier eine Abschätzung der
Genauigkeit in Abhängigkeit von der Projektphase:
Abschätzungsmethode
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Wann
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Warum
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Genauigkeit
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Rough Order Magnitude (ROM)
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Sehr früh vor Beginn des Projektes
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Ergibt einen groben Wert, der für die Projektauswal bzw. -spezifikation benutzt wird
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-25% ... +75%
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Budgetary
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Kurz vor bzw. zu Projektbeginn
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Allokierung von finanziellen Mitteln
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-10% ... +25%
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Definitive
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Innerhalb des Projektes
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Details für die Allokierung von Resourcen, Berechnung der aktuellen Kosten
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-5% ... +10%
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Prinzipiell existieren 4 verschiedene Techniken bzw. Werkzeuge für die Kostenabschätzung:
Top-Down (analog) Benutzung von Kostenwerten aus vorausgegangenen ähnlichen Projekten
Bottom-Up Abschätzung der Kosten einzelner Projektarbeiten und Aufsummierung zu den Gesamtkosten
Parametrischer Ansatz Benutzung von mathematischen Kostenmodellen, die bestimmte Projektcharakteristika ausnutzen (Beispiel: Constructive Cost Model (COCOMO), Barry Boehm)
Elektronische Werkzeuge Tabellenkalkulationen oder spezielle Managementsoftware, die die Kostenabschätzung des Projektes unterstützen
Kostenplanung Die Kostenplanung besteht in der Zuordnung des
Projektbudgets zu den einzelnen Arbeitsschritten des Projektes. Mit dieser Zuordnung wird gleichzeitig ein Meßinstrument für die geleisteten Arbeiten der einzelnen Arbeitsschritte geschaffen. Mit
der Zuordnung des Projektbudgets zu den einzelnen Arbeitsschritten wird gleichzeitig ein Meßinstrument der geleisteten Arbeit für die einzelnen Arbeitsschritte geschaffen.
Kostenkontrolle Die Kostenkontrolle, die während der Projektlaufzeit durchgeführt wird, besteht aus folgenden Aufgaben:
Überwachung der Kosten jedes einzelnen Arbeitsschrittes um möglichst frühzeitig Abweichungen vom geplanten Zustand zu erkennen
Im Falle einer Projektänderung die Sicherstellung, daß nur im Rahmen des Budgets angemessene Projektänderungen durchgeführt werden. Hierüber müssen in passender Weise die
Projektbeteiligten informiert werden.
Informierung der Projektbeteiligten über den aktuellen Zustand des Budgets
Earned Value Analysis (EVA) Die Earned Value Analysis (EVA) ist ein wichtiges Werkzeug der Kostenkontrolle, die gleichzeitig das
Projektumfeld, den geplanten und aktuellen Zeitplan sowie die damit verbundenen Kosten berücksichtigt. Ausgehend von der bewilligten Kostenplanung (die auch mögliche bzw. erlaubte
Projektänderungen enthalten kann) kann bestimmt werden, wie gut (oder schlecht) das Projekt zum aktuellen Zeitpunkt die Kostenziele und den Zeitplan erfüllt. In der EVA werden dazu periodisch in
regelmäßigen Abständen aktuelle Informationen eingetragen. Es folgen einige EVA Termini mit kurzen Erklärungen:
Bugeted Cost of Work Scheduled (BCWS) Wird auch einfach "Budget" genannt und beinhaltet die bewilligten Kosten im Rahmen einer
Abschätzung, die für das Projekt (oder eine bestimmte Aktivität) bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgegeben werden kann. Für das Projektende definiert der BAC (s.u.) die Gesamtkosten.
Actual Cost of Work Performed (ACWP) Auch kurz "Actual Cost" genannt, sind die gesamten direkten und indirekten Kosten des
Projektes (oder einer bestimmten Aktivität), die bis zum aktuellen Zeitpunkt angefallen sind.
Budgeted Cost of Work Performed (BCWP) Auch einfach "Earned Value" genannt und bezeichnet die Kosten, die sich aus dem Prozentsatz
der zur Zeit beendeten Arbeit multipliziert mit den bis zum aktuellen Zeitpunkt geplanten Kosten (BCWS) ergibt. Hier ein einfaches Beispiel: Beläuft sich der BCWS eines Projektes (bis zum
aktuellen Zeitpunkt) auf 40.000€ und sind bis heute 25% aller Arbeiten erledigt, so beträgt der BCWP 10.000€, und das unabhängig davon, ob die aktuellen Kosten (= ACWP) davon abweichen (s. CV).
Während sich BCWS auf den geplanten und BCWP und ACWP auf den aktuellen Zeitpunkt innerhalb des Projektverlaufs beziehen, weisen die folgenden Parameter die geplanten bzw. voraussichtlichen
Kosten am Ende des Projektes:
Budgeted at Completion (BAC) Der BAC stellt die gesamten bewilligten Kosten des Projektes dar und entspricht dem BCWS am Projektende (s.u. “Montly Plan” bzw. letzte Spalte in der EAV-Tabelle).
Estimate at Completion (EAC) Der EAC bildet eine Abschätzung der Kosten bis zum Ende des Projektes, die sich auf dem
aktuellen Kostenstatus stützt. Dazu ein einfaches Beispiel: Sind zu dem Projekt von oben (BCWS = 40.000€ bei 25% geleisteter Arbeit) die aktuellen Kosten ACWP 40.100€, so berechnet sich
der EAC zu: EAC = BAC * ( ACWP / BCWP ) = BAC / CPI
Aus diesen Basiswerten können weitere Parameter des Earned Value Analysis berechnet werden:
Cost Variance (CV) Kostenvarianz zum aktuellen Zeitpunkt CV = BCWP - ACWP
Schedule Variance (SV) SV = BCWP - BCWS
Variance at Completion (VAC) Kostenvarianz zwischen den bewilligten und den aktuellen Kosten am Ende des Projektes VAC = EAC - BAC
Cost Performance Index (CPI) CPI = BCWP / ACWP
Schedule Performance Index (SPI) SPI = BCWP / BCWS
Aus den Formeln können einige allgemeine Regeln abgeleitet werden. Sind z.B. die Cost- bzw. Schedule Variance Werte negativ, liegen in dem jeweiligen Bereich Probleme vor. Das Projekt wird
teuerer oder dauert länger als geplant. Eine ähnliche Regel gilt für CPI und SPI. Hier deuten Werte kleiner 100% auf Projektprobleme hin.
Im folgenden eine EAV Tabelle, die die Zusammenhänge der EAV Parameter für ein 12 Monate andauerndes Projekt (Jan-Dez) für den aktuellen Zeitpunkt Mai noch einmal anschaulich darstellt.
Finanzielle Analyse des Projektes Die finanzielle Betrachtung eines Projektes ist oft ausschlaggebend für seinen Start oder die Auswahl aus
einer Liste möglicher Alternativen. Für diese Analyse werden hauptsächlich drei Methoden angewendet, um den finanziellen Aspekt eines Projektes zu bewerten:
Net Present Value Analysis (NPV) Die NPV Analyse ist eine Methode, bei der alle zukünftig zu erwarteten Einnahmen und
Ausgaben aufsummiert werden, abzüglich der bisher aufgelaufenen Ausgaben bis zum aktuellen Zeitpunkt. NPV = Sum(PresentValue(CashFlow(t)) - Ausgaben(t=0) )
Der NVP sollte angewendet werden, falls der finanzielle Aspekt bei dem Projekt ein entscheidendes Kriterium darstellt. Je größer der NPV um so besser der finanzielle Standpunkt
des Projektes. Liegt der NVP unterhalb von Null, wirft das Projekt keinen Gewinn ab.
Return on Investment (ROI) Der ROI ist das Verhältnis des bei dem Projekt zu erwartenden Gewinns zu der eingesetzten Investition
ROI = (summierte Gewinne - summierte Investitionen) / summierte Investitionen Je höher der ROI oberhalb von Null, um so höher die Gewinne. Viele Organisationen haben eine
festgelegte untere Grenze für den ROI, unterhalb derer kein Projekt begonnen wird. Stichworte in diesem Zusammenhang sind Gewinnoptimierung bzw. Minimierung des finanziellen bzw. wirtschaftlichen Risikos.
Payback Analysis Die Payback Analysis berechnet den benötigten Zeitraum, wann die notwendigen Ausgaben zur
Realisierung des Projektes durch dessen Gewinne kompensiert worden sind. Je geringer die Lebenszeit eines Produktes um so härter sind die Anforderungen dieser Analyse.
Zur Vervollständigung einige weitere Finanztermini, die häufig in IT-Projekten Verwendung finden:
Profit = Revenues - Expenses : Gewinn = Einkünfte - Ausgaben
Life Cycle Cost : Geschätzten Kosten über den gesamten Lebenszyklus des Projektes
Cash Flow Analysis : Bestimmung der abgeschätzten jährlichen Kosten des Projektes und der Einnahmen bzw. der Vorteile, die sich aus ihm ergeben.
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