 Risikomanagement
Risiko bezeichnet die Möglichkeit etwas zu verlieren oder mit etwas geschädigt
zu werden. Die Aufgabe des Risikomanagement beschäftigt sich in einer frühen Projektphase damit, diese Risiken zu identifizieren und zu bestimmen und in
angemessener Form darauf zu reagieren können - sollten sie trotz ergriffener Maßnahmen doch einmal eintreten. Diese Aufgabe muß praktisch von der Planungsphase an über die gesamte Laufzeit des Projektes wahrgenommen
werden. Da hierdurch unerwünschte Ereignisse abgewendet werden sollen, wird Risikomanagement häufig im Hintergrund durchgeführt, ganz im Gegensatz zu Krisenmanagement.
Risikomanagement wird häufig schlichtweg übergangen, ganz frei nach dem Motto: Es wird schon alles gut gehen! Untersuchungen haben ergeben, daß in mehr als 50% von gescheiterten Projekten auf
Risikomanagement kein Wert gelegt worden ist. Selbst wenn in den meisten Projekten unberücksichtigte Risiken häufig nur zu geringen und (vielleicht) akzeptablen Abweichungen führen, wird ein
Risikomanagement den Projektverlauf deutlich verbessern:
Einhalten des Zeitplans und der Projektkosten
Absicherung bzw. Reduzierung der negativen Auswirkungen von "unerwarteten Ereignissen"
Qualitätssicherung und damit Kundenzufriedenheit
In den meisten Fällen wird nichts Dramatisches passieren - OK, aber halt nicht immer! Es gibt jedenfalls keine Garantie dafür. Im Sinne eines gut ablaufenden Projektes sollte das Grund genug
sein, sich in einem Projekt mit diesem Thema zu befassen und in die Versicherung Risikomanagement zu investieren.
Risikobewertung
Risiken gibt es in den unterschiedlichsten Formen und Ausprägungen:
Technische Risiken Kann das Projekt technisch umgesetzt werden? Könnte das Produkt technisch schon längst überholt sein bevor man es produzieren oder verkaufen kann?
Finanzielle Risiken Kann es sich die Organisation leisten, dieses Projekt zu starten oder ist der finanzielle Aufwand zu hoch?
Politische Risiken Ist das politische Umfeld (in einem Land oder innerhalb der Firma) während des Projektes stabil
oder könnte durch eine Änderung dem Projekt die politische Basis entzogen werden?
Marktorientierte und soziale Risiken Wird das neue Produkt für den Markt nützlich sein und werden die zukünftigen Anwender das Produkt in vollem Maße akzeptieren?
In diesem Zusammenhang wird die PEST - oder schöner ausgedrückt - STEP-Analyse (Political, Economic, Social and T
echnological) häufig angewendet, in der zahlreiche Faktoren in den vier verschiedenen Bereichen untersucht werden.
Es stellt sich hier nun die Frage, wie man diese zahlreichen Risikovarianten bewerten und miteinander vergleichen kann. Überraschenderweise gibt es eine sehr einfache Formel, hat man erst einmal die
entsprechenden Parameter in einer qualitativen und quantitativen Analyse bestimmt (s.u.):
Risiko = Auswirkungen des Aspektes x Eintrittswahrscheinlichkeit des Aspektes
Der Parameter Auswirkung ist ein Wert, der sich auf den entsprechenden Projektaspekt bezieht und häufig in einem finanziellem Aufwand bzw. als finanziellem Schaden beziffert wird. Ein Punktemodell, bei
dem die einzelnen Aspekte untereinander in ihrer Wertigkeit entsprechend (Einheiten-los) priorisiert werden, wird als Alternative zu Geld auch gerne herangezogen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit ist ein Wert, der deutlich kleiner als Eins, im Idealfall Null sein sollte -
also ein geringes oder im Fall von Null, kein Risiko vorhanden. Grundlegend für den Vergleich verschiedener Risiken ist die Benutzung der gleichen Einheit - finanzieller Aufwand oder Punkte) der jeweiligen Auswirkungen.
Je höher der abgeschätzte Risikowert um so mehr sollte dieses Risiko beachtet und um so eher sollten entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden, um dieses zu minimieren oder gar auszuschließen.
Aus dem oben beschriebenen Modell der Risikobewertung geht auch sehr deutlich hervor, daß man sich auch um solche Risiken intensiv kümmern sollte, die zwar eine sehr geringe Eintrittswarscheinlichkeit
haben, aber andererseits - wenn sie dann doch mal eingetreten sind - einen immensen finanziellen, wirtschaftlichen oder politischen Schaden anrichten würden!
Risikotoleranz Als Risikotoleranz bezeichnet man nun den Grad des Risikos, die man bei einem Projektaspekt
einzugehen bereit ist. Dem Risiko gegenüber steht die Amortisation eines Projektes, mit anderen Worten der Gewinn, den dieses Projekt abwirft, oder besser gesagt: abwerfen könnte. Bei der Gegenüberstellung von Amortisation und Risikobereitschaft gibt es grundsätzlich drei verschiedene Modelle:
Risikosuchend Mit angestrebter höherer Amortisation steigt das Risiko überproportional
Risikoneutral Mit angestrebter höherer Amortisation steigt das Risiko im gleichen Maße wie die Amortisation (linearer Zusammenhang)
Risikoabgeneigt Mit angestrebter höherer Amortisation - was an entsprechend höherem finanziellen Aufwand gekoppelt ist - soll das Risiko geringer werden
Aufgaben des Risikomanagements Risikomanagement beinhaltet verschiedene Aufgaben, die sich teils durch das gesamte Projekt hindurch ziehen:
Risikomanagement-Planung Planung von Aktivitäten, wie und wo die unterschiedlichen Risiken des Projektes erfaßt und
bewertet werden sollen. Das Ergebnis wird in einem Plan festgehalten (Risikostrategie), der auch an das Projektteam weitergereicht und u.U. von ihm bewertet wird (Risikokultur), um die
Vorgehensweisen bzgl. der Projektrisiken für alle Beteiligten offenzulegen. Der Detaillierungsgrad variiert dabei mit den Bedürfnissen des Projektes.
Erkennen von Risiken
Welche konkreten Risiken gibt es in dem Projekt und was könnten die Auswirkungen auf das
Projekt sein. Mit welchen Charakteristiken und Parametern können diese Risiken beschrieben werden, die letztendlich eine Basis für die Vermeidung oder Reduzierung der Risiken darstellen
(s.u.). Um diese zu erkennen kann man verschiedene Werkzeuge wie z.B. Brainstorming, Interviews oder SWOT-Analyse ( Strength & Weaknesses für eine internal Analyse,
Opportunities & Threats für externe Analyse) heranziehen.
Qualitative & Quantitative Risikoanalyse Abschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Konsequenzen der jeweiligen Risiken auf das
Projekt, um deren Priorität unter allen festgestellten Risiken festzulegen. Hierzu können Hilfsmittel (z.B. "Top 10 Risk Item Tracking", Entscheidungsbäume, EMV (Expected Monetary Value),
Simulationen oder auch Expertenmeinungen) herangezogen werden.
Planung von Maßnahmen Sind Risiken erst einmal identifiziert worden, müssen bzw. sollten Maßnahmen ergriffen werden,
um die möglichen negativen Auswirkungen auf das Projekt auf das Minimale zu reduzieren oder sogar auszuschließen. Grundsätzlich gibt es dazu verschiedene Ansätze:
Vermeiden von Risiken durch Eliminierung der Gründe für das Eintreten möglicher bestimmter Zustände
Reduktion von Risiken durch die Reduzierung ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiten
Transferieren von Risiken und deren Management auf eine andere Projektgruppe, z.B. eine 3rd-Party. Grund dafür könnte deren größere Erfahrungswerte im Umgang mit derartigen Risiken sein.
Kontrollieren von Risiken während des Projektverlaufs, um deren Auswirkungen einzugrenzen
Akzeptanz von bestimmten Risiken im Projektvorfeld; es werden keine Aktionen zur Risikovermeidung oder -minimierung durchgeführt. 
Risikobeobachtung Kontinuierliche Überwachung der Projektparameter, die aus einem Risiko ein konkretes Problem erzeugen können (Kontrolle der Termine, Qualität,
Ressourcen und Leistung). Hierzu gehört ebenso die Erkennung möglicher neuer Risiken, die im Laufe des Projektes erst entstanden sind oder sich verschärft haben, bzw. zu Beginn übersehen worden sind. Sind in
bestimmten Bereichen Maßnahmen zur Risikominderung ergriffen worden (Risikoplan), muß deren Effektivität überwacht werden. Ergebnisse der Risikobeobachtung sind korrigierende Aktionen, Anfragen auf Änderung
oder Aktualisierung des Risikoplans.
Negative Auswirkungen auf das Projekt Unerwünschte Dinge, die dann trotz durchgeführten Risikomanagements eingetroffen sind und dann auf
das Projekt einen entscheidenden Einfluß haben, können sich auf unterschiedliche Weise manifestieren. Ziel des Risikomanagements ist es im Fall der Fälle schon die richtige - oder besser: eine passende -
Antwort zu haben. Grundsätzlich werden in diesem Fall konkrete Fragestellungen an das Projekt erzeugt, die beantwortet werden müssen und entsprechende Aktionen nach sich ziehen (Risk
Response). Mögliche oder die auf die aktuelle Situation zugeschnittene Antworten eingetretener Risiken können u.U. noch nicht im Risikoplan erfaßt sein, müssen abgewandelt oder wohl möglich komplett neu definiert werden:
Das Projekt ...
... wird gestoppt Super Gau: Alle bisherigen Arbeiten und damit deren Kosten sind (i.d.R.) vergebens
... überschreitet die Kosten Trägt sich das Projekt vom finanziellen Standpunkt? Muß der Preis des Produktes nach oben korrigiert werden?
... überschreitet den Zeitplan Ist das Produkt zu spät im Markt (Time to Market) und können die erwarteten Stückzahlen dann noch abgesetzt werden?
Wird der berechnete Gewinn des Produktes verringert und trägt dieser noch das Projekt? Drohen Vertragsstrafen?
... bindet mehr Ressourcen als vorgesehen Gehen die Ressourcen bei anderen Projekten verloren? Müssen oder können bestimmte Aktivitäten ausgelagert werden?
Was kostet der erhöhte Ressourcenbedarf?
... kann nicht in der geforderten Qualität durchgeführt werden Welche Auswirkung hat das auf den Preis, den Markt oder Kundenkreis?
... muß anders spezifiziert werden Trifft das Produkt noch die spezifizierte Zielgruppe? Wird das Produkt zu teuer? Wie groß ist der finanzielle und zeitliche Aufwand für die Änderung?
Kombinationen der oben aufgeführten Auswirkungen sind natürlich in
jeder Abstufung möglich. Folgend einige Beispiele die häufigsten Ursachen für Kostenüberschreitungen bei einem Projekt:
Planungsfehler Bestimmte Dinge wurden nicht berücksichtigt; das Projekt läuft aus dem Ruder und nimmt einen ungünstigen Verlauf.
Terminüberschreitungen Ressourcen - die bezahlt werden müssen - werden über den geplanten Zeitraum hinaus gebunden.
Unvorhersehbare Änderungen Mögliche Risiken sind in der Planung nicht berücksichtigt worden und die Auswirkungen sind
entsprechen groß. Die Korrektur verlangt i.A. einen großen Aufwand der sich entsprechend auf den Zeitplan auswirkt.
Qualitätsmängel Produkt muß nachgebessert werden, was wiederum Zeit benötigt und entsprechende Ressourcen bindet.
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